Cloud Nothings
Am 24. Januar 2012 erschien eine Platte, die die Welt der lauten Gitarrenmusik umkrempeln sollte – und die die Band jetzt zum (fast) zehnjährigen Jubiläum live feiern will: Cloud Nothings brachten ihre dritte Platte „Attack On Memory“ heraus. Mit diesem Album wurde aus dem Soloprojekt, das Mastermind Dylan Baldi ein paar Jahre vorher begründet hatte, plötzlich eine große Band und aus ihrer Musik die Zukunft des Indierock.
Alles beginnt mit einer leisen Klavierfigur und steigert sich schon im Opener „No Future/No Past“ zu einer Soundorgie, auch weil der Text nur acht Silben umfasst: „Give up / Come to / No hope / We’re through“. Und alles, was in den folgenden sieben Tracks passiert, wird immer größer und größer. Die Kritik und die Fans überschlugen sich vor Begeisterung. Kein Wunder: Diese Mischung aus LoFi, Post-Grunge, purem Punk, Indie-Hommage, heiligem Zorn, diese Ohrfeige für alle damals so gefeierten Neo-Folker, diese Ablehnung alles Heimeligen ist ein Meisterwerk geworden. Offensichtlich hatte Baldi neben dem Händchen für Sound und Songwriting auch noch eines für die Auswahl seiner Musiker: Die rasch zusammengestellte Bande hat die Geistesblitze ihres Frontmanns in unglaublich präziser Aggressivität umgesetzt und ist bis auf einen Gitarristenwechsel bis heute noch zusammen. Und natürlich darf man auch den Einfluss des legendären Produzenten Steve Albini nicht unterschätzen, der zu der Zeit schon Musiker*innen wie den Pixies über The Jesus Lizard, The Jon Spencer Blues Explosion, Iggy Pop, Jimmy Page und Robert Plant oder PJ Harvey bis hin zu Nirvana (um wirklich nur einige ganz wenige zu nennen) auf die richtige musikalische Spur gesetzt hatte. Baldi wollte unbedingt, dass Albini hinter den Reglern steht, weil der den Sound einer Band so klingen lassen konnte, als spiele sie live. Im Gegenzug gab der Producer die Inspiration zum Albumtitel, als er die Platte „an attack on the memory of what people thought the band was“ bezeichnete. Seither haben sich Cloud Nothings weiter etabliert, sechs weitere famose Studioalben aufgenommen und Hunderte gefeierte Konzerte gespielt. Trotzdem bleibt „Attack On Memory“ ihr echter Meilenstein. Nun kommen die Feierlichkeiten zum zehnten Geburtstag zugegeben etwas spät. Aber besondere Zeiten erfordern besondere Flexibilität. Und die Platte ist immer noch so außergewöhnlich, dass der Auftritt von Cloud Nothings im Mai, der das Werk in den Mittelpunkt rückt, nur großartig werden kann.