Goat Girl
Wer sein neues Album „Below The Waste“ nennt, zeigt Mut. Doch Abfall dient Goat Girl auf der dritten, Anfang Juni erscheinenden Platte als eindrückliche Metapher für die Hässlichkeit unterdrückerischer Strukturen oder als Nebenprodukt der modernen Gesellschaft. Das Londoner Trio, bestehend aus Sängerin und Gitarristin Lottie Pendlebury, Bassistin Holly Mullineaux und Drummerin Rosy Jones, entwirft einfach eine Welt, in der der ganze Dreck beseitigt wird. Nach ihrem angstgetriebenen, selbstbetitelten Debüt aus dem Jahr 2018 und der eskapistischen Flucht des zweiten Albums „On All Fours“ 2021 treten Goat Girl in die selbstbewussteste Phase ein. Mit ihrem spielerischen Sinn für Neugier und Verwunderung und der Kombination von Stilen und unorthodoxen Aufnahmemethoden, die mühelos zwischen disparaten Elementen von ausladendem Noise-Rock, feinen Folk-Experimenten und coolem Synth-Pop hin- und herpendeln, haben die drei Frauen eine komplexe und musikalische Sprache gefunden. Der Gesang wechselt ansatzlos von zurückhaltend und sanft zu laut und rau. Stimmen, Samples, Tiergeräusche werden einbezogen. Goat Girl haben einen Sound, der nur ihnen gehört. Thematisch entlarvt Pendlebury die Absurdität unserer zunehmend dystopischen Umwelt in ihren Lyrics, die oft das Surreale und das schmerzlich Erfahrene nebeneinanderstellen. Von schmelzenden Autos bis hin zur Abschaffung der Überwachung vermittelt die Platte den Wunsch, sich eine Zukunft vorzustellen, die unterdrückerische Strukturen abschafft – und lässt uns im Gegenzug darüber nachdenken, wie diese Welt aussehen könnte. Goat Girl geben auch gleich eine mögliche Antwort: „Below The Waste“ feiert vor allem die Schönheit des Kollektivismus, der Gemeinschaft und vor allem der Freundschaft. Diese Freundschaft der Engländerinnen findet sich auch auf der Bühne wieder, wenn Goat Girl live unterwegs sind.